Bäderschließungen - Eine kritische Betrachtung Teil 4
Haben wir nicht genügend Bäder?
Es gibt ausreichend Bäder für die Bundesbürger. Das ist eine oft gehörte Behauptung derer, die ein Bad schließen wollen. In der Tat lässt eine SMK-Untersuchung vermuten, dass es in Deutschland ausreichend Hallen- und Freibäder gibt. Insgesamt 7.784 Bäder zählte die Untersuchung am Stichtag 1. Juli 2000. Nehmen wir mal die rund 2.200 DLRG-Gliederungen bundesweit als Maßstab, so blieben statistisch also immer noch über 3,5 Bäder pro DLRG-Ortsgruppe.
„Na also“, sagt sich da der Verfechter der Bäderschließungen. „Das sollte doch ausreichen, um die Schwimmfähigkeit der Deutschen zu erhalten.“
Dass dies nicht so ist, wird klar, wenn man sich weitere Ergebnisse der Arbeit anschaut. Entscheidend ist nämlich nicht nur die reine Anzahl der Bäder, sondern auch deren jeweilige Größe im Verhältnis zur Bevölkerungszahl. Zudem gilt der oben genannte Wert für Hallen- und Freibäder. Letztere können aber in der Regel nicht ganzjährig genutzt werden und bieten auch nur in den Sommermonaten eine sichere Arbeitsstelle. In Niedersachsen stehen nach der obigen Untersuchung pro 1.000 Einwohner im Schnitt 70,3 Quadratmeter Wasserfläche zur Verfügung. Allerdings sind 54,3 Prozent davon Freibadflächen.
Zudem stellt die DLRG auf ihrer Kampagnenseite unter https://www.dlrg.de/rettet-die-baeder fest, dass seit 2000 jährlich rund 80 Bäder schließen. Gehen wir davon aus, dass hier kein neues Bad entsteht, dann gibt es inzwischen etwa 1500 Bäder weniger als noch im Jahr 2000.
Dass, gerade für Schwimmvereine, Wasser nicht gleich Wasser ist, wird auch oft von Politikern außer Acht gelassen. Für Schwimmprüfungen ist nicht nur eine Mindestwassertiefe vorgesehen, es gehört auch zum Teil ein Sprung vom 3-Meter-Brett dazu. Gibt es das im Bad nicht, sind viele Prüfungen nicht möglich.
Da steht so mancher Fachangestellte in einem Spaßbad vor einem Gewissenskonflikt, entgegen der Deutschen Prüfungsordnung doch das dreimalige Springen vom 1-Meter-Brett als Ersatz für das DJSA Silber gelten zu lassen.
Ähnlich verhält es sich in vielen Vereinen. Hinzu kommt, dass manchmal nur ein 12-Meter Becken zur Verfügung steht oder die Wassertiefe nur 130 cm beträgt. Auch hier können, einzelne Schwimmprüfungen nicht abgenommen werden.
Kommen wir auf das bereits angeführte Beispiel Bad Nenndorf zurück, so gibt es streng genommen in der Stadt mindestens drei „überdachte Wasserflächen“, doch nur das Hallenbad kann für eine sinnvolle Rundumausbildung genutzt werden. Die anderen Becken gehören zum Teil zu medizinischen Kureinrichtungen und taugen nicht für sportliches Schwimmen.
So betrachtet, schwindet die Zahl der nutzbaren Bäder schnell dahin.
Lebensqualität durch Bäder
Auch wenn man die Fachangestellten- und Vereinsbrille abnimmt, bleibt die Gewissheit, dass Hallen- und Freibäder ein Stück Lebensqualität darstellen. Als Bürger einer Stadt erwarte ich von der Kommune gewisse Leistungen. Dazu gehört eine Bücherei, vielleicht ein Kino oder Theater, geeignete Schulen für meine Kinder und auf jeden Fall auch ein Bad. Finde ich diese „Merkmale der Lebensqualität“ nicht, so verbindet mich nur wenig mit der Stadt, in der ich wohne. Ich fahre für meine Freizeitaktivitäten in die Nachbarstadt und vielleicht ziehe ich irgendwann auch dorthin.
Darüber hinaus gilt es auch den gesundheitlichen Aspekt zu berücksichtigen. Der allerdings dürfte den meisten Entscheidern über die Finanzen eines Bades, eher egal sein. Zwar kann man mit dem Gesundheitsaspekt gut Werbung für das Bad und den Schwimmsport allgemein machen, negative gesundheitliche Auswirkungen durch das Fehlen eines Bades schlagen sich jedoch in den meisten Fällen nicht direkt in der Kasse einer Kommune oder der eines kommunalen Betriebes nieder.
Doch allein das Argument der Lebensqualität in einer Stadt sollte für alle, die langfristig denken, Grund genug sein, den Rotstift bei Bädern und kulturellen Einrichtungen nicht anzusetzen.
Badbetreiber als Freund oder Feind?
Es wäre jedoch falsch, die Betreiber der Bäder (80 Prozent sind im Besitz von Kommunen oder anderen öffentlichen Betreibern) als alleinige Sündenböcke anzuprangern. Ausschließlich die sinnvolle Zusammenarbeit zwischen Betreiber und Vereinsnutzer kann unsere Bäder langfristig retten. Häufig gehen die Kommunen darum von sich aus auf die Vereine und hier besonders auf die DLRG zu.
Nicht nur in Freibädern sind DLRG-Rettungsschwimmer als Unterstützung für den Schwimmmeister inzwischen kaum noch wegzudenken. Oft dankt die Kommune das ehrenamtliche Engagement mit kostenlosen Trainingszeiten oder mit einem Zuschuss zur Vereinskasse.
Dass dies in der Tat zu einem Rückgang bei der Zahl des angestellten Fachpersonals führen kann, ist unstrittig aber auch nicht gänzlich zu vermeiden. Allerdings bleiben vielen Arbeitgebern auch gar keine anderen Möglichkeiten, denn offene Stellen lassen sich, wie oben bereits beschrieben, vielerorts nicht mit Fachpersonal besetzen, sodass der Rettungsschwimmer oft die einzige Möglichkeit ist, eine Kürzung der Öffnungszeiten zu vermeiden. Zudem besteht, gerade bei Freibädern, im Sommer ein großer Bedarf an Mitarbeitern, die im Winter dann aber auch beschäftigt werden müssen. Und nicht jeder Fachangestellten möchte sich im Winter beim Bauhof der Stadt wiederfinden.
Rettungsschwimmer sind in diesem Bereich „pflegeleichter“ denn sie gehen in der Regel noch einer anderen Beschäftigung nach und sehnen den Einsatz als Rettungsschwimmer nur als „Sommerjob“. Im Winter geht es dann zurück in die Vereine.
Dabei stehen zum Teil auch diese Vereine vor einer unsicheren Zukunft und die Handlungen sind nicht selten von einer Angst um das eigene Weiterbestehen geleitet.
Immer öfter schieben die Kommunen den „Schwarzen Peter“ den Vereinen zu. Geringere Besucherzahlen führen zu geringeren Einnahmen und somit zu einem höheren Zuschussbedarf. Oft wird dann versucht, die höheren Ausgaben durch eine Erhöhung der Eintrittsgelder wieder wettzumachen.
Gerne werden dabei auch die von den Vereinen zu entrichtenden Badgebühren erhöht. So mancher Schwimmverein ist dann gezwungen, seine Beiträge zu erhöhen oder aber das Training einzustellen.
Zum Teil läuten Betreiber von Hallenbädern auch die Schließung in Raten ein, indem sie die wöchentlichen Öffnungszeiten z.B. durch den Wegfall von Frühschwimmzeiten, zurückfahren oder die „Sommerschließung“ von z.B. einem Monat auf vier oder gar sechs Monate ausdehnen. In solchen Fällen muss von den Vereinen vor Ort frühzeitig gegengesteuert werden. Insbesondere, wenn der Badbetreiber am Ende eines solchen Jahres mit verlängerter Sommerschließung angibt, dass die Besucherzahlen stark gesunken seien und dass darum weitere Öffnungszeiten gestrichen werden müssten, ist es angebracht, die Statistik kritisch zu prüfen und dies auch in der Öffentlichkeit zu kommunizieren.
Gibt es einen Ausweg aus der Sackgasse der Bäderschließung? Nicht auf die kurze Sicht und auch nicht allgemeingültig. Zu unterschiedlich sind die Rahmenbedingungen. Sicherlich kann aber dem einen oder anderen Bad geholfen werden. Ich würde mich über Kommentare zu den hier veröffentlichten Beiträgen freuen und vielleicht finden wir ja auf diesem Wege neue Möglichkeiten die Bäderlandschaft in Deutschland zu erhalten.
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